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[2018/02/24]

Magere Verwaltungsprosa

Initiative „Filmerbe in Gefahr“ kritisiert Aussage zum Filmerbe im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD

24. Februar 2017. – Mit einem einzigen dünnen Satz speisen CDU, CSU und SPD im Koalitionsvertrag vom 7. Februar 2018 die Sicherung des Filmerbes ab: „Das Förderkonzept zur Digitalisierung des nationalen Filmerbes setzen wir gemeinsam mit den Ländern und der Filmwirtschaft zügig um.“ Das ist weder ein neuer Aufbruch noch eine neue Dynamik, wie es die Überschriften des Vertrags verheißen, sondern nur ein ideen- und kraftloses „weiter so“. Schlimmer noch: Der neue Koalitionsvertrag markiert einen deutlichen Rückschritt im Vergleich zum Koalitionsvertrag von 2013!


  • Kein Bekenntnis mehr dazu, dass das Filmerbe auch im digitalen Zeitalter sichtbar bleiben muss.
  • Kein Bekenntnis mehr zur Stärkung der Stiftung Deutsche Kinemathek.
  • Kein Bekenntnis mehr zur personellen und finanziellen Stärkung des Bundesarchivs.

Die vollständige und rasche Umsetzung der von der vorherigen Bundesregierung auf den Weg gebrachten Digitalisierungsinitiative war das Mindeste, was man von einer neuen Regierung erwarten konnte. Die Bundesbeauftrage für Kultur und Medien, Monika Grütters, hat ihren Anteil am Gesamtvolumen von jährlich 10 Millionen Euro bereits ebenso eingebracht wie die Filmwirtschaft; nach und nach steuern auch die Länder ihren Anteil bei. Mit diesen Geldern werden die chronisch unterfinanzierten Filmerbeeinrichtungen erstmals größere Mittel zur Digitalisierung ausgewählter Bestände zur Verfügung haben: Das ist unbedingt zu begrüßen.

Dass sich eine neue Bundesregierung aber auf diesen Lorbeeren ausruhen will und keine neue Ideen vorlegt, ist umso beschämender, als die Probleme bekannt sind:

  • Die mit den Mitteln der Digitalisierungsinitiative hergestellten Digitalisate sind Benutzerstücke und nicht für eine Langzeitarchivierung geeignet.
  • Es fehlt ein Konzept, wie die digitalen Benutzerkopien im Kino, auf Internet-Plattformen wie Filmportal.de, der Deutschen Digitalen Bibliothek und europeana oder auch im öffentlich-rechtlichen Fernsehen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden können.
  • Es fehlt der Wille, die Jahresetats der Filmerbeeinrichtungen deutlich aufzustocken, damit sie das Filmerbe archivarisch so sichern können, dass es ohne Verluste auf künftige Generationen übergehen kann.
  • Es fehlt nicht zuletzt das Bewusstsein dafür, dass für die physische Bewahrung unseres Filmerbes die Digitalisierung allein keine Lösung sein kann, sondern mit der Sicherung und Pflege der analogen Bestände auf einem zukunftsfesten Trägermaterial einhergehen muss.
  • Unsere Übersicht zum Stand der Digitalisierung von Januar dieses Jahres ergab, dass zuletzt bei der Herstellung von DCPs für den Kinoeinsatz nur geringe, bei der Online-Stellung dagegen fast gar keine Fortschritte erzielt wurden. Die Sicherung des Filmerbes einerseits und seine Zugänglichkeit andererseits kosten Geld: Offenbar will die neue Bundesregierung die Sicherung des Filmerbes nicht als Zukunftsinvestition, sondern als lästige Ausgabe betrachten.

    Von Politikern ist gewiss kein Fachdenken zu verlangen – durchaus aber ein Bewusstsein für das Problem und eine Haltung, die der Fachwelt und ihren Akteuren Mut macht, anstatt sie mit magerer Verwaltungsprosa abzuspeisen.

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